Die Blue Ocean Strategy – oder wie man sich einen Markt ohne Konkurrenz schafft

Denkansätze für neue Geschäftsmodelle

Red and Blue Ocean Strategy

Teil 5 des ThePower MBA-Selbstexperiments

Kann man den MBA in täglich 15-minütigen Powersessions schaffen? Eine so hochkarätige Ausbildung – demokratisiert und für jeden zugänglich? Geht das? Bringt das was? Ich mache ein Selbstexperiment mit einer online MBA-Alternative, ThePowerMBA, und berichte euch monatlich von Erfolgen, Rückschlägen und Erkenntnissen. In den vergangenen Monaten habe ich immer wieder für mich erwähnenswerte Inhalte mit Euch geteilt. Hier nun: Folge 5, in der es eine Wende gibt: Fand ich die bisherigen Ergebnisse eher so “ganz gut – aber nicht wirklich neu” – fesseln mich die Inhalte nun immer mehr, so dass ich auch gerne mehr Zeit investiere um bisher übersprungene Themen aufzuarbeiten. Denn ich spüre, dass es sich für mich wirklich lohnt.

In dieser Folge geht es also um ein Thema, das ich besonders spannend fand:

Die “Blue Ocean Strategy” von W. Chan Kim und Renée Mauborgne ist mittlerweile ein Klassiker in der strategischen Managementliteratur. Hier finden wir ein Werkzeug, wie man neue, dauerhaft profitable Geschäftsmodelle entwickelt: Die Wert-Innovation.

The Power MBA Blue Ocean Strategy

Kann man dem Wettbewerb tatsächlich entkommen?

Wo auch immer man hinschaut, in jedem Sektor machen die Unternehmen das Gleiche: sie kämpfen mit ähnlichen Wertversprechen um die Aufmerksamkeit der gleichen Kunden. Willkommen in der Welt der Red Oceans. Aber macht das wirklich Sinn? Oder kann man durch Umdenken neue Alleinstellungsmerkmale finden, sich so von seinen Wettbewerbern im gleichen Markt unterscheiden und dadurch dem Wettbewerb einfach entgehen?

Lets jump into a Blue Ocean 🙂

Ein Blue Ocean ist ein neuer Marktplatz, in dem man den Vorteil hat, keine direkten Konkurrenten und deshalb auch keinen Wettbewerb zu haben. Dies führt zu deutlich schnellerem Wachstum und früherer Rentabilität.

Aber wie genau macht man sich diese Strategie zunutze? Wie geht man vor?

Regel Nummer 1: Um neue Ozeane zu entdecken, musst Du mutig genug sein, das Ufer zu verlassen.

Goodbye “das war schon immer so” – in dieser Strategie heißt es Opfer bringen, um den wahren Schatz zu bergen. Es geht darum, Dinge, die bisher als selbstverständlich angesehen wurden, radikal zu reduzieren und zu eliminieren. Das ist ganz und gar nicht einfach. Gerade wenn es um Kernfaktoren Deiner Branche geht, für die Deine Kunden Dich schätzen.

Ein wirklich starkes Beispiel ist “Cirque du Soleil”, die plötzlich als Zirkus ohne Tiere an den Start gingen. Das war eine tiefgreifende Veränderung, denn sicher sind viele Menschen nur wegen der Tiernummern in den Zirkus gegangen. Kein Zirkus hat sich das zuvor getraut. Gleichzeitig konnten dadurch jedoch Kosten und Arbeitsaufwand deutlich reduziert werden.

“Corona hat es uns allen gezeigt: Es ist Zeit umzudenken. Die Blue Ocean Denkweise ist der Entwurf, wie wir in disruptiven Zeiten unsere Herausforderungen erfolgreich meistern.” (George Gabor Burt, Gründer von Slingshot).

George Gabor Burt Blue Ocean Strategy

Red und Blue Ocean Denkhaltung im Vergleich:

Red Ocean: “Das kannst Du nicht machen!”

Blue Ocean: “Doch, ich kann!”

Nicht-Kunden als Neu-Kunden?

Eigentlich ist es keine Überraschung: Die Anzahl der Menschen, die nicht zu meinen Kunden gehören, übersteigt bei weitem die Zahl der Menschen, die zu meinen Kunden zählen. Trotzdem sollte man sich das einfach mal auf der Zunge zergehen lassen.

Und tatsächlich, es klingt verrückt: Ich soll mich auf die Menschen konzentrieren, die nicht zu meinen Kunden zählen. Denn zum einen wird genau das dazu führen, dass man die Marktgröße erweitert. Und zum anderen: man wird allein sein.

Es gibt so viele Nicht-Kunden, dass, selbst wenn ich mich darunter wieder auf einen kleinen Teil beschränke, das exponentielle Auswirkungen auf mein eigenes Wachstum haben wird.
Und wenn ich gleichzeitig meine aktuellen Kunden nicht verlasse, klingt das sensationell. Denn die Frage ist nicht, wen gebe ich auf, sondern vielmehr:

Für wen könnte ich noch relevant sein, über den ich bislang noch nicht nachgedacht habe?

Und wie kann ich lernen, diesen neuen Kundenkreis zu verstehen?

Schauen wir uns also mal an, welche Ebenen von Nicht-Kunden es gibt:

Ebenen von Nicht-Kunden

  1. Zukünftige Nichtkunden: Das sind Kunden, die bald keine Kunden mehr sein werden, denn sie kaufen nur bei mir, weil sie noch keine bessere Alternative gefunden haben.
  2. Ablehnende Kunden: Kunden, die mich kennen aber entschieden haben, kein Geschäft mit mir zu machen.
  3. Unerforschte Kunden: Kunden, die noch nie mit mir in Kontakt waren. Vielleicht weil sie dachten, sie können sich mein Angebot nicht leisten oder sie seien zu klein oder zu groß.

Um alle drei Gruppen von Nicht-Kunden zu erreichen, gibt es eine weitere Regel:

Regel Nr. 2: Um in Richtung einer Blue Ocean Strategie zu gehen, muss ich mein Wertversprechen ändern – denn ich muss für den neuen Marktplatz attraktiv sein

Diese Regel weckt natürlich als erstes mal meinen Widerspruch. Wie? Wertversprechen ändern? Ich stehe doch zu meinen Werten! Das ist doch das, was mich ausmacht. Das, was meine Kunden an mir schätzen. So habe ich bislang gedacht. Doch jetzt fange ich an, diesen Grundsatz einmal neu zu betrachten: Stimmt das überhaupt? Oder habe ich meine Werte schon von vorneherein so angepasst, dass sie zu den Leistungen für meine Kunden passen?

Könnte ein Umdenken die Lösung sein? Und wenn ja, dann wie?

Und dann kommt mir Nintendo, der Hersteller der Spielkonsole Wii, in den Kopf. Nachdem sie jahrelang erfolgreich auf Videospiele für ihre Konsole gesetzt hatten, wollten sie nun Menschen erreichen, die mit herkömmlichen Videospielen – also mit bewegungslos “vor Computerspielen sitzen” nichts am Hut hatten. Und genau das haben sie durch das Ändern ihres Wertversprechens erreicht: Plötzlich erreichten sie Menschen, die Spaß hatten an Bewegung und daran spontan mit der ganzen Familie sportlich um die Wette zu spielen und so zu “Gamern” einer ganz anderen Art wurden.

Red und Blue Ocean Denkhaltung im Vergleich:

Red Ocean: Ich mache eine kleine Innovation innerhalb des gleichen Wertversprechens.

Blue Ocean: Ich greife mit echter Produkt- oder Erlebnis-Innovation radikal in mein bisheriges Wertversprechen ein.

Es gilt also konkret die Kundenkreise zu identifizieren, die alle meine Marktbegleiter bespielen. Und dann darum, den Grund zu identifizieren, warum sich alle auf genau diese Kundenkreise konzentrieren. Im dritten schritt heißt es dann, mir komplett andere Kundensegmente zu suchen, für die ich mit meinen aktuellen oder zukünftigen Produkten Wert schaffen kann. Rügenwalder Mühle ist hier ein weiteres spannendes Beispiel. Heute verkauft das Familienunternehmen, das bekannt ist für seine Wurst und Schinkenprodukte, mehr fleischfreie und vegane Produkte als Fleisch.

Das “Four Actions Framework”

Um zu verstehen, was hier genau geschieht, werfen wir einen Blick auf das Kernstück der Blue Ocean Strategie: Das “Four Actions Framework”. Dies besagt, dass durch Aktionen in nur vier Bereichen echte Wertinnovation geschaffen werden kann. Ich zeige gleichzeitig am Beispiel von Cirque du Soleil, was dies praktisch bedeutet:

1. Eliminieren: Trennen von lieb Gewonnenem: Welche der Faktoren, die in der Branche als selbstverständlich betrachtet werden, müssen eliminiert werden?

Cirque du Soleil: Man verzichtete komplett auf Zirkustiere sowie auf besonders bekannte Stars.

2. Reduzieren: Welche Faktoren müssen bis weit unter den Branchenstandard reduziert werden?

Cirque du Soleil: Clowns bzw. der Humor-Faktor sowie die Momente des Nervenkitzels bzw. der Gefahren wurden radikal reduziert.

3. Steigern: Welche Faktoren kann man, auf ein in der Branche nie dagewesenes Level steigern?

Cirque du Soleil: Man steigerte den künstlerischen Content sowie die Raffinesse des Programms durch professionellen Konzepte und hohe Produktionsqualität. Und man steigerte die Preise für die neue Zielgruppe.

4. Kreieren/ Neu schaffen: Was könnte kreiert werden, das die Branche bisher noch nicht kannte?

Cirque du Soleil: Eine komplette und ganz neuartige Show wurde kreiert.


Die ersten beiden Bereiche helfen dabei Kosten zu reduzieren. Die Bereiche 3 und 4 führen zu einer Wertsteigerung.

Blue Ocean Strategy

Was spricht gegen die Blue Ocean Denke? Blue Oceans never last forever – oder doch?

Was die meisten Blue Ocean Strategien vereint: wenn sie eine Weile im Markt angekommen und von anderen adaptiert sind, werden sie rot.
Cirque du Soleil präsentiert auch hier ein anderes Beispiel: Sie erfinden sich immer und immer wieder neu durch ihr besonderes und variables Bühnenprogramm.

Fazit: Nicht einfach, aber die Vorteile sind beeindruckend!

Die Blue Ocean Strategie ist echte Wert-Innovation

Aus dem Blue Ocean Blickwinkel bekommt man schnell Klarheit im Hinblick auf Innovationen, die von vielen Unternehmen geschaffen wurden. Und man bekommt ein Gefühl dafür, wie man mit diesem Werkzeug echte Wert- oder Produkt-Innovation schaffen kann. Echte Wert-Innovation erreicht man, wenn man eine Differenzierungsstrategie verfolgt mit gleichzeitig niedrigen Kosten, die einen Mehrwert für das Unternehmen und seine Kunden schafft.

PS: Noch ein kleiner Tipp von Bill Gates:

“Deine unglücklichsten Kunden sind Deine größte Lernquelle.”

Und jetzt Du!

Was meinst Du?

Welche Ideen kamen Dir beim Lesen des Artikels in den Sinn? Wo siehst Du nun auf einmal ganz neue Möglichkeiten für Dein Business? Welche neue Kategorie könntest Du ganz konkret in Deiner Branche kreieren?

Im Sinne des offenen Wissensaustauschs würde ich mich freuen, wenn alle, die durch meine Gedanken zu neuen Ideen angeregt werden, diese auch wiederum für alle teilen und auf mich als “Impuls” aufmerksam machen 😉

Fazit nach dem 7. Monat der Online Weiterbildung:

Je tiefer es in einzelne Fachgebiete hinein geht, umso spannender wird es für mich. Und umso mehr habe ich das Bedürfnis, nach zu holen, was ich bislang nicht zu lernen geschafft habe. Ich picke mir nach wie vor nur wenige, für mich thematisch neue und wertvolle Beiträge heraus. Alles andere lasse ich zwar – noch – links liegen aber freue mich schon auf die nächste Gelegenheit. Zu Beginn war ich etwas enttäuscht, dass ich viele Inhalte bereits kannte. Das liegt aber weniger an der Auswahl der Inhalte durch das ThePower MBA Team, als vielmehr daran, dass mein Anspruch und auch meine Vorbildung an zurückliegenden Ausbildungen und Selbststudienzeiten nicht gering ist. Überraschend finde ich nun, dass ich tatsächlich in den weiteren kurzen Bildungseinheiten mittlerweile immer wieder spannende und auch neue Gedanken aufnehmen und weiterspinnen kann. Und ich liebe die echten Unternehmer-Beispiele “aus dem Nähkästchen”. Mit ein bisschen mehr Zeit könnte sich hier wirklich Großartiges erspinnen lassen 😉